LESEFIEBER.CH
ALEXANDER GÜNSBERG / TANZ DER VEXIERE
von MANUELA HOFSTÄTTER, 26. JULI 2019
Alfred, ein einfacher Schreinergehilfe, müht sich durch sein Leben, das Gefühl ungeliebt zu sein, begleitet ihn, im Herzen ist er eher ein kleinkariert denkender
Mensch, unsicher und neidisch. Als kleiner Junge erlebte Alfred einen Unfall, er verlor viel Blut und gewann seinen einzigen Schatz, die Glasscherbe, in welcher er sich erblickte, so erblickte,
wie er sein möchte, glücklich. Seither sammelt Alfred Spiegel, auf der Suche nach dem Vexierbild, das ihm sein Abbild zeigt, welches er in seiner Kindheit erblickte. Doch Alfred findet nicht sein
gewünschtes Abbild, sondern den absoluten Tiefpunkt, er schreitet zur Tat, die ihn nicht von dieser Welt holt, ihn aber in die öffentliche Psychiatrie und somit Gefangenschaft bringt. Was Alfred
hinter verschlossenen Türen durchstehen muss, ist unvorstellbar grauenvoll und unmenschlich, doch in dieser Hölle begegnet Alfred dem Himmel, der Liebe, der Frau im Spiegel. Astrid erwidert
Alfreds Gefühle, sie haben nur ein Ziel, gemeinsam aus der Psychiatrie zu entkommen und miteinander leben und lieben zu dürfen. Alfred blüht auf, zu ungeahnter Grösse, er beschafft sich Millionen
von einem üblen und gefürchteten Gesellen in der Klinik, er plant die Flucht und tatsächlich gelingt diese. Astrid kann für sie einen Unterschlupf bei ihrer liebsten Freundin Emma organisieren.
Emma, stark und mutig, ist eine echte Freundin und hilft Astrid und Alfred bei den kniffligen Details zur weiteren Flucht, sie findet auch Gefallen an Alfred, was Astrid anfänglich in Rage
versetzt, doch sie finden kurzfristig Erfüllung in einer Ménage à trois. Mit viel Geld lassen sich Pässe und neue Identitäten besorgen, die Freundschaft zu einem Immobilienmakler mit Verbindungen
in der halben Welt öffnet ihnen den Kauf von Villen in Thailand und Fluchtwege. Es beginnt eine wilde und gefahrenvolle Reise mit einem Piloten, ihre kleine Gruppe wächst, doch der Höhepunkt ist
erreicht, als sich ihnen die russische Kampfpilotin Olga anschliesst. Eine Notlandung mit nur noch einem Triebwerk lässt die Gruppe in schlimmste Gefahr geraten, ist er nun zu Ende, aus der Traum
vom neuen Leben im neuen Land, werden sie jetzt alle sterben?
Fazit: Abbilder unseres Seins …
Alfred, ein nicht gerade sympathischer Protagonist, ist auf der Suche nach seinem Glück, er blüht auf nach dem Tiefpunkt seines Lebens und findet die grosse Liebe,
Abenteuer und eine neue Weltanschauung. Günsberg schreibt einen wahrhaftigen Abenteuerroman mit zuweilen heftigen Szenen, die erschüttern und dann wiederum suchen seine Protagonisten die Liebe,
das Glück und ein erfülltes Leben. Mich erinnerte dieser Roman an Bücher, die ich in meiner Jugend auch gelesen habe, wie etwa Konsalik oder J.M. Simmel, Lesestoff im wahrsten Sinne des Wortes
und wenn man denkt, das ist jetzt also schon zuviel des Guten, ertappt man sich dabei, dass man eben doch weiter lesen muss. Die stilleren Töne des Romans erzählen von unserer Sehnsucht nach
einem erfüllten Leben, nur wenigen ist dies gegönnt, aber auch von den verschiedenen Abbildern unseres Ichs, das finde ich ist ein sinniges Thema. Ich weiss: “I bi scho morn nümm glych wie hüt …”
(Patent Ochsner, Jänner)